22. Mai: Einzug eines Naturschwarms

Am 22. Mai 2020 zog in unserer Zeidlerbuche zum 2. Mal ein Naturschwarm ein. Es handelte sich um einen 2kg schweren Vorschwarm, der eher der Größe wildlebender Honigbienen entsprechen dürfte. Die Bienen kamen aus Bad Salzdetfurth und wurden uns durch die Schwarmbörse  vermittelt. Über Alter und Qualität der Königin ist uns nichts bekannt.  

Das Einlogieren funktionierte dank moderner Seilklettertechnik auch ohne Gerüst. Der Schwarm wusste sofort, was er zu tun hatte. 

 



Frühjahr

In diesem Jahr wurde das Bienenvolk 2 Wochen später einlogiert (22.5.) als im Vorjahr. Die Wetterbedingungen waren mild und damit normal für diese Jahreszeit. Gebaut wurden 9-10 Waben, wie im letzten weder im Warm- noch im Kaltbau. Nach 5 Wochen hatten die Waben eine Länge von ca.30 cm. Damit bauen sie langsamer als im letzten Jahr. Ursachen dafür können sein:

  • weniger Trachtangebot, 
  • geringere Größe des einlogierten Schwarms
  • Qualität der Königin und ihrer Bienen.  

 

10. Juni, fast 3 Wochen nach dem Einzug. 

20. Juni. Die Waben haben die Höhe vom Flugloch erreicht. 



Sommer 2020

Das Flugloch

Flugloch im Mai 2019,

        im September 2020 und                  

 nach dem Freischneiden im September.


Buchen reagieren besonders intensiv auf Verletzungen und versuchen die betroffene Stelle wieder zu verschließen. Man nennt dies Überwallung. Ein kleineres Flugloch kann nach ein, spätestens zwei Jahren wieder zugewachsen sein. Bei größeren Spechtlöchern dauert das deutlich länger. Spechte und Kleiber schlagen sich den Weg wieder frei. Bienen können das nicht. Das ist Aufgabe des Zeidlers, wie rechts im Bild geschehen.

Milbenfall:

Im letzten Herbst ist in dieser Buche ein Volk an der Varroa gestorben. Die Behandlung kam zu spät und konnte das Volk nicht retten. In diesem Jahr wollten wir es besser machen und begannen mit der Varroakontrolle Anfang Juli, also deutlich früher. Am 10. Juli lag nach 5 Tagen nur eine Milbe auf der Windel (siehe Tabelle). Die Entscheidung für oder gegen eine Milbenbekämpfung war also zunächst aufgrund des grenzwertigen Befalls nicht eindeutig. Hinzu kommt, dass der natürliche Milbenfall im Sommer ein relativ unzuverlässiger Indikator für die tatsächliche Milbenbelastung ist.

Vor diesem Hintergrund, entschlossen wir uns trotz der unbedenklichen Schadensschwelle von ca. 2x 0,3 Milben/ Tag zu einer 3-maligen Blockbehandlung alle 8 Tage in Form einer Oxalsäure-Verdampfung* (Eigenbau), sowie einer einmaligen Verdampfung Anfang September (2g/Anwendung)).

* Die Anwendung von Ameisensäure kommt wegen der unterschiedlichen klimatischen Bedingungen in der Baumhöhle nicht in Frage.  

  • Dabei sind insgesamt im Juli nur wenige Milben gefallen (geschätzt < 100 Milben in den ersten beiden Wochen nach Blockbehandlung).
  • Zum Ende August steigt der natürliche Milbenfall deutlich auf rund 2x16 Milben/Tag an. Nach einer Schadschwellen-Tabelle von Wissenschaftlern der Uni Hohenheim erreicht dieser Wert jetzt die Dringlichkeit zur unverzüglichen Behandlung.
  • Die Nachfolgende einmalige OS-Verdampfung Anfang September lässt immerhin rund 2x250 Milben fallen, ein Wert, der rein rechnerisch auch OHNE Behandlung, allein durch den nat. Milbenfall von rund 2x15 Milben/ Tag hätte erfolgen müssen. 

Waren die OS-Behandlungen wirkungslos? Schlimmstenfalls sogar zusätzlich mit schädlichen Nebenwirkungen verbunden? Der nat. Milbenfall Mitte Oktober, bei vermeidlicher Brutfreiheit, lag bei 2x1,4 Milben/ Tag. Ein extremer und bedenklich hoher Wert angesichts der relativ kleinen Volksstärke.

 

Den Behandlungsverlauf gemäß Tabelle interpretieren wir wie folgt: 

  • Unsere 3+1-fache Oxalsäureverdampfung hat gewirkt.
  • 469 gezählte Varroamilben in 3 Monaten sind viel. Bei einer so hohen Milbenbelastung war der Einsatz begründet.
  • Die Milben fielen nicht sofort, sondern allmählich bis in die 4. Woche nach dem Einsatz.
  • Mit einer 3-fachen Oxalsäurebehandlung im Abstand von jeweils 8 Tagen erschien uns der Bekämpfungserfolg nicht ausreichend. Bernhard Heuvel empfiehlt in seinem Buch "Bienen im Kopf" (2020) im Sommer eine 7-fache Blockbehandlung im Abstand von jeweils 3 Tagen.
  • Deshalb entschlossen wir uns zu einer 4. Behandlung. Dieser letzte Einsatz am 1. September war mit 250 Milben überdurchschnittlich wirkungsvoll.     
  • In unserem Fall war der natürliche Milbenfall (< 1 Milbe/Tg) für die Bestimmung der Milbenbelastung im Sommer ein unzuverlässiger Indikator.    

 

Tabelle: Milbenfall (bei 50% Windelabdeckung) 

Datum   gezählte Milben nach Tagen Milben/Tag Milben aufsummiert
05.07.20 *  
10.07.20   1 5 0,3 1
14.07.20 * 1. Oxalsäureverdampfung
22.07.20   4 8 0,5 5
22.07.20   2. Oxalsäureverdampfung nach 8 Tagen
30.07.20 * 3. Oxalsäureverdampfung nach 8 Tagen
05.08.20 * 4 6 0,7 9
13.08.20 * 30 8 3,8 39
27.08.20 * 75 14 5,4 114
30.08.20 * 50 3 16,7 164
01.09.20 * 30 2 15,0 194
01.09.20 * 4. Oxalsäureverdampfung nach 33 Tagen
22.09.20 * 250 21 11,9 444
10.10.20 * 25 18 1,4 469
  * Windel neu ausgelegt    

Bild oben: Am 5. Juli legen wir zum 1. Mal die "Windel" aus. In diesem Fall handelt es sich um ein kleines flaches Kästchen, das gut unter den Waben Platz findet und den halben Höhlenboden abdeckt. Verschlossen ist es mit einem für Bienen undurchlässigen Drahtgitter, so dass die Milben nicht von Bienen, Käfern oder anderen Kleinlebewesen weggeräumt werden können.

 

 

 

 

 Bild links: Am 22. September liegen auf unserer Windel ca. 250 tote Milben nach einer Behandlung mit Oxalsäure vom 1. September, also nach 21 Tagen. Ein deutliches Zeichen, dass das Mittel gewirkt hat und dass der Einsatz notwendig war.


Wabenwerk


Bild unten: Nach der Lindenblüte war das Nest am 5. Juli mit 50cm Wabenlänge fertig ausgebaut  und die Höhle nur zu 2/3 ausgefüllt. 

 

 

 

Bild unten: Das selbe Nest, das selbe Bienenvolk und die selbe Perspektive nur fast 2 Monate später am 26. September. Inzwischen ist es kälter geworden. Die Bienen ziehen sich im oberen Höhlenbereich zusammen, so dass sie sich gegenseitig wärmen können.  Wie groß das Volk ist, ist schwer abzuschätzen. 


Sonstiges Leben und Klima im Bienennest

Bild oben vom 20. Juni: Blick auf den Boden der Zeidlerhöhle. Auch in dieser Höhle gibt es Schimmel! An trachtstarken Tagen im Frühsommer ist es hier schwül und die dicken Wände der lebendigen Buche sind kühl. Gleichzeitig tragen die Bienen kiloweise Nektar ein mit 80% Wassergehalt, der von ihnen auf ca. 20% herunter getrocknet wird. Dadurch entsteht viel Verdunstungswasser, das stark an den Wänden und am Boden der Höhle kondensiert. Die Wände scheinen dieses Kondenswasser nicht aufnehmen zu können. Die Bedingungen für Schimmelpilze sind optimal. Ist dieses Klima den Bienen zuträglich? 

Beide Bilder oben vom September: In der Dunkelheit scheint sich allerlei Getier wohlzufühlen. Mit Nährstoffen versorgt wird dieser "Komposthaufen" aus dem Bienennest von oben. Gemüll fällt herunter: u.a. Pollen, Wachsplättchen, Varroamilben und tote Bienen. Asseln, Würmer, Pilze, eine vielfältige Mikrofauna, selbst Regenwürmer leben und verarbeiten diese organische Masse. Eine spannende Frage bleibt: wie kommen Regenwürmer in diese Baumhöhle in 5 Metern Höhe?  


Bild oben im September: Viele Tausendfüßler sitzen in der Höhle, aber auch gern außen am Spundbrett. 

 

Bild links Anfang Juli: Ein gut getarnter und noch nicht identifizierter Falter sitzt neben dem Spundbrett auf der Buchenrinde. 



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